Venture Capital ist ein spannendes und heißes Thema für junge Gründer:innen. Junge, innovative und auch oft technologieorientierte Start up Unternehmen haben es hierzulande schwer, an Kredite zu kommen. Ihr einziges Kapital in der Anfangsphase ihres Unternehmens ist meistens nur eine Idee, mit der sie sich, wenn die Markteinführung stattgefunden hat, Erfolgsaussichten versprechen. Doch viele Kapitalgeber fordern mit ihrer Kapitalspritze für das junge Unternehmen gleich eine zu große Minderheitsbeteiligung oder sehen ihren Geldfluss ans Unternehmen als ein rückzahlbares Darlehen an. Selbst die NRW Bank fördert auf ihrer Webseite nur Unternehmen ab der zweiten Finanzierungsrunde (Siehe Kapitel Phasen einer Venture Capital Investition), um das Risiko eines Verlustes minimal zu halten. Gleichzeitig müssen die Unternehmen schon ihrem fünften Geschäftsjahr sein.
Was ist Venture Capital eigentlich?
Das Wort Venture Capital setzt sich aus den englischen Begriffen „Capital“, übersetzt Kapital und „Venture“, übersetzt wagen, zusammen. Es ist die Form der Finanzierung eines unternehmerischen Vorhabens mit Eigenkapital. Der entsprechende deutsche Begriff dafür lautet Wagniskapital oder Risikokapital. Das vom Investor eingesetzte Kapital hat ein erhöhtes Risiko, denn im ungünstigsten Fall kann es zu einem Totalverlust führen. Mit der Finanzspritze wird der Investor Miteigentümer an dem Unternehmen und kann, wenn es der Vertrag so vorsieht, auch an den Gewinnen des Unternehmens partizipieren. Eines bei dieser Art der Kapitalbeschaffung darf nicht außer Acht gelassen werden. Das strategische Ziel des Investors ist es, am möglichst hohen Verkaufserlös des Unternehmens maximalen Ertrag zu erwirtschaften. Es existieren am Weltmarkt Venture Capital Gesellschaften, üblicherweise Fondgesellschaften aber auch zahlreiche Privatpersonen, die sich dem Risiko eines totalen Kapitalverlustes stellen, das sogenannte Private Equity (privates Beteiligungskapital)
Unterschied zur klassischen Bankfinanzierung
Während die Bank bei jeder Form der Finanzierung eines Vorhabens Sicherheiten verlangt und Zinsen für das an das Unternehmen ausgezahlte Kapital verlangt, sieht das bei einem Venture Capital Investor ganz anders aus. Die Venture Capital Beteiligung gibt es üblicherweise nur über einen Zeitraum von drei bis sieben Jahren. Nach dem Austritt steht es dem Investor frei, seine Beteiligung zu verkaufen oder sein eingesetztes Kapital durch einen Börsengang des Unternehmens zurück zu bekommen. Während seiner Beteiligung am Unternehmen wird das eingesetzte Kapital nicht verzinst und es werden keinerlei Sicherheiten verlangt.
Die Phasen einer Venture Capital Investition
Die unterschiedlichen Phasen der Investition in ein Unternehmen sind mit unterschiedlichen Risiken behaftet.
Die Frühphase eines des Unternehmens (Seed Stage und Early Stage)
Das junge Unternehmen besitzt noch keine fertig entwickelten Produkte, aber verfügt über ein theoretisches Konzept, zu dessen Verwirklichung Kapital benötigt wird. Wer in dieser frühen Phase Vertrauen in die Idee des Unternehmens hat, der wird zu Recht als Business Angel bezeichnet. Der Glaube an den Erfolg erhöht die Bereitschaft, ein hohes Risiko einzugehen, was das Unternehmen mit einer höheren Beteiligungsquote des Investors beantworten muss.
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Gründungsphase
Die Gründungsphase beinhaltet neben der Unternehmensgründung die Bereiche Forschung und Entwicklung, Produktion und Vertriebsaufbau, Marketingaktivitäten (z.B. Aufbau eines Online-Shops für E-Commerce-Unternehmen) und Akquise. Nachwievor besteht für einen Investor in dieser Phase ein Risiko, sein eingesetztes Kapital zu verlieren, wenn er den kommerziellen Erfolg des Unternehmens nur vage prognostizieren kann.
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Wachstumsphase
Dass vom Unternehmen entwickelte Produkt hat den Marktreifetest überstanden und erzielt Umsätze aus dem Verkauf. In dieser Phase dreht sich alles um die Erhöhung der Produktions- und Vertriebskapazitäten. Das Risiko eines in dieser Phase eintretenden Geldgebers ist auf ein Minimum gesunken, sodass es für den Kapitalgeber schwer werden kann, große Unternehmensanteile durch seine Einlage zu erwerben.
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Überbrückungsphase
Die Überbrückungsphase umfasst die Erweiterung des Vertriebssystems. Das kann die Diversifikation der Produktpalette umfassen, den Drang, ausländische Märkte zu erobern oder es mit einem Kampf gegen einen Konkurrenten zu versuchen. Wenn keine Geldgeber für diese Vorhaben gefunden werden, kann es ein probates Mittel sein, es mit einem Börsengang zu versuchen, um Geld einzusammeln.
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Spätphase
Die Spätphase beinhaltet eine mögliche Sanierung des Unternehmens, Umstrukturierung bis in die Gründungsteamebene und weitere Diversifikationen der angebotenen Produktpalette. In dieser Phase sind unterschiedliche Finanzierungsformen möglich, sei es durch einen Börsengang oder die Erschließung von öffentlichen Fördermitteln.
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Exitphase
Der Kapitalgeber zieht sich aus dem Unternehmen zurück. Er kann seine Firmenanteile an der Börse verkaufen, an andere Wagniskapitalgesellschaften oder an andere Unternehmen. Selbstverständlich wird er auch dem Unternehmenseigner seine Anteile zum Rückkauf anbieten.
Welches junge Unternehmen hat die größten Chancen auf Venture Capital?
Die Chancen für ein Venture Capital unterscheiden sich anhand der jeweiligen Branche.
- Mobilität
- Software & Analytics
- E-Commerce
- Gesundheit
- FinTech & InsurTech (Finanz- und Versicherungs Technologie)
- PropTech (digitale Transformation der Immobilienbranche)
- AgTech (die Verschmelzung von Landwirtschaft und Technologie)
Die KFW schreibt in ihrer Venture Capital Studie aus dem Jahr 2020
Der deutsche Venture Capital Markt ist nicht nur im europäischen Vergleich, sondern auch international im Rückstand. Gemessen an der Wirtschaftskraft erhöht sich der Abstand zu Großbritannien auf einen Faktor von 2,7. Deutlich vorne liegen China und die USA, deren Venture Capital Märkte um 4,1- und 5,2-mal größer sind. In US-Dollar entsprechen diese Faktoren Abständen im jährlichen Venture Capital-Dealvolumen von mehr als 7 Mrd., 13 Mrd. und 18 Mrd. USD.
Wie findet ein junges Unternehmen einen Investor?
- Eigene Recherche nach möglichen Investoren
- Es existieren professionelle Investorenvermittler und diverse Vermittlungsportale, auf denen der Kapitalbedarf ausführlich anhand eines Firmenportraits erläutert werden muss.
- Persönliche Kontakte und Empfehlungen und den Aufbau eines exzellenten Netzwerks
- Besuch bestimmter Events, bei denen man mit Gleichgesinnten ins Gespräch kommen kann
- Die Teilnahme an Wettbewerben. Wenn ein Start-up Unternehmen auf dem Siegertreppchen steht, wird auch schnell ein Investor gefunden.
- Es gibt Matching-Events, initiiert von Business Angel-Netzwerken, da treffen Gründer auf Geldgeber
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