17. November 2024
Masche mit "kostenlosen" Büchern

Die Masche mit dem kostenlosen Buch und der Versandpauschale

Schon mal auf ein angeblich kostenloses Buch eines Coaches oder Beraters gestoßen, welches ihr gegen Zahlung der angeblichen Produktionskosten oder einer viel zu hohen Versandpauschale erhaltet? Dann seid ihr auf eine bekannte Masche aus der Coaching-Szene hereingefallen, über die wir hier berichten.

So viel kostet ein angeblich kostenloses Buch

Die Produktionskosten für ein solches Buch betragen 2–3 €. Bei größeren Bestellmengen wird es immer günstiger. Eine Büchersendung bis 500 Gramm kosten aktuell bei der DHL 1,95 €. Eine entsprechende Versandtasche für eine Büchersendung kostet zwischen 10 und 25 Cent. Selbst wenn hier die angegebenen Höchstpreise für die Buchproduktion und den Buchversand verwendet wurden, dann ergibt das einen Preis von 5,20 €. Dazu kommen noch 7 % Mehrwertsteuer und das ergibt dann einen aufgerundeten Betrag von 5,60 €.

Die von den Buchautoren veranschlagte Versandpauschale beträgt meistens zwischen 6,90 € und 8,90 €. Dies zeigt also, dass diese Bücher dennoch Gewinn abwerfen und somit nicht kostenlos verschenkt werden. Gleichzeitig werden diese Bücher für den Kundenfang genutzt, denn schon in diesen Büchern wird versucht, die eigene Dienstleistung zu verkaufen. Meistens sind es völlig überteuerte Masterminds, bestehend aus emotional vorgetragenen Kalendersprüchen oder es handelt sich um den Beginn eines Pyramidensystems, weil Sie als Leser des Buchs die gleiche Masche einfach dem nächsten Menschen verkaufen sollen.

Buchverkauf gegen Nutzerdaten

Meistens folgen Anrufe, E-Mails und der Versuch einer Terminvereinbarung, wenn das Buch gekauft wurde. Während des Bestellprozesses werden nicht selten Telefonnummer und E-Mail-Adresse abgefragt, obwohl diese Daten für den Versand eines Buchs nicht gebraucht werden.

Eine witzige Beobachtung ist noch das Tool für die Terminvereinbarung.  In den meisten Fällen nutzen diese Menschen das wirklich hervorragende Tool „Calendly„. Wenn ihr oben rechts den Hinweis „Powered bei Calendly“ lesen könnt, dann bedeutet es, dass dieser millionenschwere Super-Coach und High-Price-Closer die kostenlose Basis-Version nutzt. Für die wesentlich professioneller aussehende Whitelabel-Lösung ohne den Hinweis müsste er ganze 12 € im Monat bezahlen.

Es ist übrigens gegen die Datenschutzbestimmungen mehr Daten als nötig von einem Nutzer zu erfragen, aber solche Kleinigkeiten interessiert die Szene nicht.

Der Blick in ein solches Lead-Magnet-Buch

Die zwei beliebtesten Artikel auf diesem Blog beschäftigen sich mit den wahnsinnigen High-Price-Closern und dem Network-Marketing und das angeblich kostenlose Buch gehört zu den Maschen dieser Menschen. Immer wieder bieten Coaches, Berater und andere selbsternannte Experten und Gurus angebliche kostenlose Bücher über das schnelle Geld ein. Wir haben vor ein paar Monaten von den berühmten Brüdern in dieser Szene ungefragt ein Buch zugeschickt bekommen. Das Buch quoll über mit Kalendersprüchen, Erfolgsformeln, Selbstverwirklichung und dem berühmten Ausbruch aus dem Hamsterrad.

Diese Buzzword-Bombe zieht sich durch das ganze Buch und ständig wird versucht ein Training, eine Beratung oder andere Angebote zu verkaufen, um im Anschluss gemeinsam mit den Brüdern diese Formeln umzusetzen. Bei Clubhouse lernte ich damals einen Unternehmer kennen, kam mit ihm ins Gespräch und vor wenigen Wochen sah ich ihn auf einem Event der Brüder.  Nach einem Event bei einem anderen Buchautor-Coach, kaufte ein Ehepaar ein überteuertes Image-Video und erfreut sich heute an 24 Aufrufen bei YouTube, ohne auch nur einen klitzekleinen Mehrwert zu haben.

In 12 Stunden zum eigenen Expertenbuch

Ich bekomme aktuell viel Instagram-Werbung von einem „bekannten“ Coach aus der Szene, der jedem ein eigenes Expertenbuch innerhalb weniger Stunden verkaufen möchte. Mit diesem Buch sollen dann neue Kunden an Land gezogen werden und natürlich sind nur dann Millionenumsätze möglich. In 12 Stunden zu einem eigenen Buch? Der Auslöser dieser Artikel war bekanntlich der selbsternannte beste PR-Manager Deutschlands, der mit ebendiesen Ideen klanglos scheiterte.

Er schrieb mir eines Tages, dass er ein Buch schreiben würde, welches nie erschienen ist, und hier mit einem Ghostwriter arbeiten würde. Es werden zwei bis drei Interviews geführt, der Kunde schreibt ein ungefähres Inhaltsverzeichnis und die angeblichen Experten füllen die freien Plätze zwischen den Überschriften mit hohlen Phrasen und Kalendersprüchen. Diese Masche überschwemmt die Werbeanzeigen bei LinkedIn, Facebook und Instagram.

Ein kleines nachträgliches Update, denn soeben habe ich bei LinkedIn einen Beitrag lesen müssen, da bedankt sich eine Autorin bei ihrer Lektorin. Die Autorin hat ein Buch darüber geschrieben, wie mit Expertenbüchern neue Kunden gewonnen werden können. Die Lektorin hat genau das gleiche Buch geschrieben und bietet dann ihre Dienste als Lektorin an, damit weitere Kopien ihres eigenen Buchs auf den Markt kommen. Das ist alles so verrückt.

Coaches haben meist nur Referenzen aus der Coaching-Szene

Ein Highlight dieser Szene ist doch, dass jeder Coach meistens nur Referenzen aus der eigenen Bubble hat. Dies bedeutet, dass er Bewertungen und Zitate von denjenigen bekommt, die aus der gleichen Szene, die gleichen Maschen abziehen. Ihr müsst das mal beobachten. Besucht die Website eines Coaches, sucht seine Testimonials, besucht dessen Websites und mit großer Wahrscheinlichkeit findet ihr dann den ersten Coach unter seinen Testimonials.

Zugegeben, dieses Spiel mit der eigenen Bubble wird auch in der Medienbranche, der Influencerbranche und auch in der Online-Marketing-Branche ganz deutlich gespielt. Ein Medienmensch schreibt ein Buch und alle anderen Medienmenschen präsentieren dieses ihren Followern. So verkaufen alle Medienmenschen mehr Bücher. Ihr könnt Medienmensch problemlos durch andere Branchen, Coaches, Influencer oder Marketingleute ersetzen.

Opfer sterben niemals aus

Diese Woche habe ich mich mit einem Insider aus der Szene unterhalten, der selbst viele Jahre in dem Haifischbecken mitgeschwommen ist. Er kennt die Maschen und auch die Wahrheiten hinter all diesen angeblich tollen und erfolgreichen Menschen. In dem persönlichen Gespräch mit einem Insider aus der Szene fiel ein lustiger Satz, denn er sagt:

„An jedem Morgen steht ein neuer Dummer auf.“

Damit ist gemeint, dass egal wie viele sich über die lästige Kaltakquise bei LinkedIn, die falschen Versprechen von Coaches, die Masterminds, Masterclasses, Vertriebsoffensiven und Pyramidensystem aufregen, ein neuer Kunde wird sich leider finden lassen. Die leeren Versprechungen und Maschen von 5-7stelligen Monatsumsätzen werden immer jemanden hellhörig werden lassen, der sich dann für kleines Geld dieses angeblich kostenlose Buch kaufen wird.

Es hilft noch nicht einmal, wenn das Justizsystem einen dieser Coaches hinter Gittern steckt, dieser öffentlich in einer TV-Sendung vorgeführt wird. Denn er bekommt weiterhin die Hallen ausverkauft und seine Produkte an leichtgläubige Männer mit zu engen Hemden und auf Kredit gekaufte Uhren.

Blender und ihre Geblendeten

Lasst euch doch bitte nicht von teuren Autos und Reisen nach Dubai so in die Irre führen. Meistens stehen die angeblichen Millionäre nur vor diesen Autos oder es sind ganz offensichtliche Leihwagen. Es kommt sogar vor, dass sich mehrere Coaches die Kosten für solche Statussymbole teilen, nur um sich einen geilen Instagram-Feed aufzubauen und sich gegenseitig zu liken.

Ein Flug nach Dubai kostet übrigens nicht viel Geld. Es gibt aktuell Angebote für um die 250 € für Hinflug und Rückflug. Selbst wenn hier noch ein paar Zusatzkosten draufkommen, kann doch ein Bild vor dem Burj Khalifa nicht dafür sorgen, dass ihr diesem Typen so viel Geld in den Rachen werft. Auch wird er nicht so viele „kostenlose“ Bücher mit einer Marge von 1 bis 2 € verkauft haben, um den Aufenthalt dort zu finanzieren.

Wenn du ein Opfer der Coaching-Szene geworden bist oder noch mehr Maschen aus der Szene kennst, dann melde dich gerne bei uns und wir veröffentlichen anonym deine Geschichte oder machen daraus einen weiteren Beitrag.

Schon auf so eine Masche hereingefallen? Dann schreib uns deine Tipps auch gerne öffentlich in die Kommentare.

 

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